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A 866 Unterstützungsakten des Gemeinde- resp. des Fürsorgedepartementes für Personen mit Luzerner Kantonsbürgerrecht und ausländische Personen, 1926-1988 (Akzession)
Angaben zur Identifikation |
Signatur: | A 866 |
Signatur-Bereich: | A 866/1 - A 866/2107 |
Titel: | Unterstützungsakten des Gemeinde- resp. des Fürsorgedepartementes für Personen mit Luzerner Kantonsbürgerrecht und ausländische Personen |
Entstehungszeitraum: | 1926 - 1988 |
Entstehungszeitraum, Anm.: | enthält vereinzelt Kopien älterer Dokumente |
Stufe: | Akzession |
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Angaben zum Umfang |
Laufmeter: | 15,80 |
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Angaben zum Kontext |
Aktenbildner-/Provenienzname: | bis 1971 Gemeindedepartement, danach Fürsorgedepartement: Fürsorgeabteilung und Rückerstattungsabteilung |
Erwerbsart: | Ablieferung |
Erwerbsart, Anm.: | Die Akten wurden vom Kantonalen Sozialdepartement (KSA) abgeliefert, das am 1. Mai 1989 eröffnet wurde und die Aufgaben der zuvor dem Fürsorgedepartement angegliederten Abteilungen öffentliche Fürsorge (Ausländer, anerkannte Flüchtlinge, Asylanten sowie Kantonsbürger und Bürger anderer Kantone) und Inkassodienst (Rückerstattungen, Alimenteninkasso) übernahm. Vor der Ablieferung ans Staatsarchiv wurden die Dossiers im KSA durch 3 Studenten in Archivschachteln verpackt. Dabei wurden die Schachteln mit den Aktennummern angeschrieben. Zudem wurde eine Liste mit den vorhandenen Dossier-Nummern erstellt, die aber keine Namen enthielt (s. A 866/2107). Im Staatsarchiv wurden die Unterlagen zuerst nicht weiter bearbeitet; erst 2014 begann man, die Dossiers detailliert zu erfassen (inklusive Archiv-Nummern) und in neues Archivmaterial umzupacken, wobei die ursprünglichen, mürbe gewordenen roten Aktenhüllen entfernt wurden. Die Erschliessungsarbeit wurde durch verschiedene PraktikantInnen und Auszubildende geleistet und konnte im Frühjahr 2017 abgeschlossen werden. |
Eingangsdatum: | 31.10.1989 |
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Angaben zu Inhalt und Struktur |
Inhalt: | Die Unterlagen basieren auf dem Konkordat über die wohnörtliche Unterstützung vom 1. 4. 1920, das mit Jahresbeginn 1979 durch das Bundesgesetz über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger abgelöst wurde (s. auch Ausführungen unter Bemerkungen).
A 866 umfasst ca. 3800 Dossiers und enthält Sozialhilfeakten von Personen mit Luzerner Kantonsbürgerrecht, die ihren Wohnsitz nicht am Heimatort und zumeist in andern Kantonen hatten sowie - in deutlich weniger Fällen - auch von ausländischen Personen. Gelegentlich vertreten (etwa im Bereich A 866/1675-1690) sind auch Personen mit Luzerner Kantonsbürgerrecht, die in der Heilanstalt St. Urban untergebracht waren.
Die Dossiers sind je nach Zuständigkeit und Laufzeit ganz unterschiedlich dick. Sie beinhalten in erster Linie die Korrespondenz zwischen den für die Koordination der Sozialhilfe zuständigen Amtsstellen der Kantone und des Auslands mit dem Luzerner Gemeinde- resp. Fürsorgedepartement. Dazu kommen Unterlagen zur Abklärung der Identität (Auszüge aus Familienregistern etc.) und zum Zahlungsverkehr. Die finanzielle Unterstützung erfolgte u. a. für Alimente für uneheliche Kinder, Altersarmut, Armut wegen ungenügendem Einkommen, Krankheit, Arbeitslosigkeit, gelegentlich auch für Auslandschweizer. Neben Personendossiers gibt es ganz vereinzelt auch Sachdossiers, die ganze Personengruppen betreffen (Korrespondenz mit deutschen Stellen über Fürsorgeleistungen für deutsche Staatsangehörige im Kt. Luzern, ca. 1955-1962, s. A 866/1515)
Des weiteren finden sich Dossiers von ausländischen Staatsangehörigen, die sich auf der Durchreise oder ferienhalber im Kanton Luzern aufhielten, im entsprechenden Zeitraum verunfallten oder erkrankten und schliesslich im Kanton Luzern hospitalisiert werden mussten. Hierbei sind in den Personenakten sowohl vorsorglich gestellte Gesuche zur Kostenübernahme als auch definitive Honorarforderungen seitens der Spitalverwaltungen enthalten. Zudem gibt es Dossiers von ausländischen Personen, welche (vermutlich) im Kanton Luzern straffällig wurden und in Untersuchungshaft (z. B. Lenzburg/AG) bzw. in den Strafvollzug (z. B. Thorberg/BE) versetzt wurden. In besagten Dossiers finden sich etwa Dokumente, welche die Übernahme ärztlicher Leistungen (Zahnarzt, Hospitalisation, Brillenverordnung etc.) durch die kantonalen Behörden belegen. Vereinzelte Bagatellfälle betreffen ausländische Staatsangehörige, welche von der Behörde kurzfristig mit kleineren Geldbeträgen (20.00 bis 40.00 Franken) oder einem Gutschein für ein Essen unterstützt wurden. |
| Inhalt im Einzelnen: - Akten mit Jahrgangsziffern (1955-1974 eröffnete Dossiers), 1935-1987 A 866/1-1764 - Akten mit fortlaufender Numerierung (vor 1955 eröffnete Dossiers), 1929-1988 A 866/1765-2106 - Verzeichnis der vorhandenen Dossier-Nummern, 1989 A 866/2107 |
Bewertung und Kassation: | Die vorliegende Akzession A 866 stellt den grössten Teilbestand der kantonalen Unterstützungsakten aus dem Zeitraum ca. 1930-1974 dar. Ein paralleler Teilbestand (Unterstützung von Personen mit ausserkantonalem Bürgerrecht im Kanton Luzern) findet sich in der Akzession A 867. Weitere Unterstützungsakten aus demselben Zeitraum finden sich in den Akzessionen A 554, A 614, A 618, A 671, A 1178, A 1207 und A 1265. Bei all diesen Ablieferungen handelt es sich also um Teilbestände von Akten, die aus derselben Ablage ausgesondert wurden. Auch zusammen genommen ergeben diese Dossiers aber nicht einen ursprünglichen Gesamtbestand. Denn abgesehen von den Dossiers, die bei der Samplebildung im Staatsarchiv kassiert wurden (betrifft die Akzessionen A 671, A 1178, A 1207 und A 1265), hat auch das Kantonale Sozialamt in den frühen 1990er Jahren gelegentlich Unterlagen ohne Wissen des Staatsarchivs vernichtet. Möglicherweise wurden auch vereinzelte Dossiers wegen Wechsels der Zuständigkeit an andere Kantone abgegeben. Es ist trotzdem davon auszugehen, dass weitaus der grösste Teil der ursprünglich vorhandenen Dossiers ins Staatsarchiv gelangte. Dabei wurden bis 1980 offenbar nur die Akten von verstorbenen Sozialhilfeempfängern abgeliefert. Später ging man dazu über, auch solche Dossiers auszusondern, bei denen seit längerer Zeit (in der Regel ca. 3 Jahre) keine Aktenbewegung mehr festzustellen war. Die Liste der vorhandenen Dossier-Nummern (A 866/2107) und ein Vergleich mit der Kartei (A 1265/1-5) zeigen, dass bei den Nummern beträchtliche Lücken bestehen, doch ist damit noch nicht gesagt, dass alle diese Dossiers im Staatsarchiv fehlen. Gelegentlich wurden von der Behörde Aktennummern "umsigniert". Rund 170 Dossiers finden sich in früher, d. h. zwischen 1973 und 1980, abgelieferten Akzessionen des Fürsorgedepartementes (A 554, A 614, A 618 und A 671); vermutlich wurden auch schon vor 1970 Dossiers abgeliefert und in die Pertinenzbestände (AKT 413) eingegliedert. Bei einer Neubewertung im Januar 2004 beschloss das Staatsarchiv, es sei auf eine Teilkassation der Unterlagen im Teilbestand A 866 zu verzichten. Zwar war unverkennbar, dass die Informationsdichte der Sozialhilfeakten seit den 1970er Jahren stark zurückging. Bis weit in die 60er-Jahre hinein zeugen die Dossiers von einer intensiven Beschäftigung der Behörden mit ihren Klienten. Dies könnte damit zusammenhängen, dass die Fürsorgeinspektoren früher häufig noch einen persönlichen Kundenkontakt hatten. Ab den 70er Jahren schwillt die Menge der Dossiers stark an, gleichzeitig werden die Unterlagen formularartiger und einförmiger, inhaltlich geht es fast nur noch um finanzielle Fragen (Kostengutsprachen). Auf Feinkassationen innerhalb der Dossiers wurde in der Regel verzichtet. Ausnahme: Umfangreiche gleichförmige Belegakten zum Zahlungsverkehr. |
Ordnung und Klassifikation: | Die Reihenfolge wurde durch das abliefernde Kantonale Sozialamt festgelegt, das sich an die vom Gemeindedepartement verwendeten Archiv-Nummern hielt. Deshalb findet sich die ältere Serie (mit einteiliger Archiv-Nr.) nicht am Anfang, sondern am Schluss der Akzession. Die Gliederung erfolgt den Archiv-Nummern entsprechend in 2 Serien: solche mit zweiteiliger Archiv-Nummer (Jahr- plus Laufnummer; ca. 3400 Dossiers) und solche mit einteiliger Archiv-Nummer (ca. 400 Dossiers). Die Serie mit zweiteiliger Archiv-Nummer wurde 1955 eröffnet, enthält teilweise aber auch ältere Schriftstücke. In A 866 sind die Eröffnungsjahre 1955 bis 1974 vertreten; pro Jahr gibt es zwischen 120 und 250 Fälle, der Durchschnitt liegt bei 171. Jeder Jahrgang ist unterteilt in 2 Folgen von Laufnummern (der erste Teil beginnt jeweils mit 1, der zweite mit 700; das Unterscheidungskriterium ist nicht ersichtlich, eventuell betraf es die Arbeitszuteilung). Die Serie mit einteiliger Archiv-Nummer wurde vor 1955 eröffnet, die darin enthaltenen Akten können aber zeitlich weit über das Jahr 1955 hinausreichen, weil die Nummern beibehalten wurden. Ab 1955 wurde die (zweiteilige) Archiv-Nr. vom Gemeindedepartement auch als Aktenzeichen eingesetzt (die ausserkantonalen Korrespondenzpartner verwendeten natürlich eigene Aktenzeichen). Vorher wurde die Archiv-Nummer im Schriftenverkehr nicht verwendet; stattdessen gab es Aktennummern verschiedener Abteilungen. Diese Aktennummern wurden bei der Erschliessung in Klammern angegeben. |
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Angaben zur Benutzung |
Zugangsbestimmungen: | Es gelten die allgemeinen Zugangsbestimmungen des Staatsarchivs. Einsichtsbewilligungen in Archivalien, die noch einer Schutzfrist unterliegen, erteilt das Staatsarchiv. |
Findhilfsmittel: | Im Fürsorgedepartement wurde eine dreiteilige Kartei über alle Sozialhilfeempfänger angelegt, gegliedert nach KantonsbürgerInnen, Nicht-KantonsbürgerInnen und AusländerInnen. Diese Kartei wurde 1989 im Staatsarchiv auf Mikrofilm aufgenommen. Die Mikrofilm-Jackets erhielten die Signatur FA 101. Die Original-Kartei wurde im Sozialamt seit ca. 1995 nicht mehr weitergeführt. Sie wurde im April 2002 ans Staatsarchiv abgeliefert und unter der Signatur A 1265/1-11 archiviert. Kontrollen aus dem Fürsorgedepartement zum Unterstützungswesen 1924-1966 finden sich unter der Signatur A 555/1770-1898, betreffen allerdings v. a. das Rechnungswesen. Vgl. auch die Sammlung der vom Gemeindedepartement instruierten Regierungsratsentscheide 1924-1963 unter der Signatur A 1170. Bei der Ablieferung A 1207 wurden zuhanden des Staatsarchivs Registratur-Nummern und Inhalt (d. h. Personennamen) der abgelieferten Dossiers aus den Dateien des Sozialamtes ausgedruckt. Der Ausdruck listete die Unterstützten in alphabetischer Reihenfolge aus, und zwar wiederum gesondert in die drei Kategorien Kantonsbürger, Nicht-Kantonsbürger und Ausländer, scheint aber nicht vollständig zu sein (abgelegt in A 1207/43). |
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Angaben zu verwandtem Material |
Verwandtes Material: | Akzessionen mit Unterstützungsakten aus späterer Zeit: A 1265 und A 1417. Unterlagen zum Konkordat über die wohnörtliche Unterstützung: A 532. |
Veröffentlichungen: | Auführliche statistische Angaben finden sich in der Berichterstattung des Gemeindedepartementes in den Staatsverwaltungsberichten (Archivbibliothek: J.a 25). |
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Weitere Bemerkungen |
Bemerkung: | Bis zum Ersten Weltkrieg war die öffentliche wirtschaftliche Fürsorge fast ausschliesslich Sache der Bürger- oder Heimatgemeinden. 1917 erfolgte der Beitritt des Kantons Luzern zur interkantonalen Vereinbarung betr. allgemeine wohnörtliche Notunterstützung während der Dauer des europäischen Krieges, die 1920 durch das Konkordat über die wohnörtliche Unterstützung abgelöst wurde. Diesem trat der Kanton Luzern am 10. 3. 1921 bei (vgl. Gesetzessammlung 10, 308f.). Mit dem Beitritt zum Konkordat wurde der Kanton Luzern teilweise für die Unterstützung der in seinem Kantonsgebiet wohnhaften „Nicht-Kantonsbürger“ (SchweizerbürgerInnen anderer Kantone) zuständig. Für die ausserhalb des Kantons wohnenden Kantonsbürger hatte der Kanton an die anderen Konkordatskantone einen Vergütungsanteil zu entrichten, wobei er Rückgriff auf die Gemeinden nehmen konnte. 1979 wurde das Konkordat durch das Bundesgesetz über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger (ZUG) v. 24. 6. 1977 abgelöst (AS 1978, 221). Weiterhin hatte der Heimatkanton dem Wohnsitzkanton die Sozialhilfekosten zu erstatten, sofern die betreffende Person weniger als zwei Jahre dort Wohnsitz hatte. 2012 schaffte das Bundesparlament die Rückerstattungspflicht ab, in Kraft trat diese Regelung am 8. April 2017. Das 1924 in Kraft getretene kantonale Armengesetz vom 29. 12. 1922 brachte im Kanton Luzern die direkte Mitwirkung des Kantons im Fürsorgewesen. 1936 trat ein neues Armengesetz in Kraft, welches das Wohnortsprinzip verstärkte. Dieses Gesetz wurde erst 1991 durch das Sozialhilfegesetz vom 24. 10. 1989 abgelöst. Mit dem Armengesetz von 1924 übernahm der Kanton Luzern grösstenteils die Unterstützung für die ausserhalb des Kantons wohnenden Kantonsbürger, wodurch sich die Arbeitslast des Gemeindedepartementes mehr als verdoppelte (Staatsverwaltungsbericht 1924/25, 39). Bei der Unterstützung der im Kantonsgebiet wohnhaften Kantonsbürger wurden weiterhin in erster Linie die Gemeinden (und zwar je nach Umständen die Herkunfts- oder die Wohngemeinde) zur Kasse gebeten. Bei der Unterstützung der Ausländer war der Kanton nach Massgabe der bestehenden Abmachungen zuständig. Zuständige Organe auf Seiten des Kantons waren von 1924 bis 1971 das Departement des Gemeindewesens (später wurde das Departementssekretariat um einen Armeninspektor resp. Fürsorgeinspektor und je 2-3 Fürsorge- und Rückerstattungsbeamte erweitert), 1971-1988 das Fürsorgedepartement (aufgeteilt in eine Fürsorge- und eine Rückerstattungsabteilung) und seit 1989 das kantonale Sozialamt. Seit 1989 und v. a. seit 2003 ist die wirtschaftliche Sozialhilfe wieder vorwiegend eine kommunale Angelegenheit (wobei die Aufgabe von den unterdessen aufgelösten Bürgergemeinden an die Einwohnergemeinden überging), da sich der Kanton aus diesem Aufgabengebiet weitgehend zurückgezogen hat. |
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Verwandte Verzeichnungseinheiten |
Verwandte Verzeichnungseinheiten: | siehe auch: A 554, A 614, A 618, A 671 Unterstützungsakten aufgrund des Konkordats über die wohnörtliche Unterstützung: Dossiers verstorbener Personen, 1930-1973 (Akzession)
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Benutzung |
Schutzfristende: | 31.12.2088 |
Erforderliche Bewilligung: | siehe Zugangsbestimmungen bei Akzession |
Physische Benützbarkeit: | Uneingeschränkt |
Zugänglichkeit: | Öffentlich |
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URL für diese Verz.-Einheit |
URL: | https://query-staatsarchiv.lu.ch/detail.aspx?ID=283053 |
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