Untersuchungsbehörden (Tektonik)

Archivplan-Kontext


Titel:Untersuchungsbehörden
Stufe:Tektonik
Bemerkung:Unter dem Begriff «Untersuchungsbehörden» werden hier die Staatsanwaltschaft, die Amtsstatthalterämter und die Jugendanwaltschaft zusammengefasst. Dies ist durch die Eigenart dieser Dienststellen begründet, die eine Art Zwitterstellung zwischen dem administrativen und dem gerichtlichen Sektor einnehmen. In fachlicher Hinsicht sind resp. waren sie ganz oder überwiegend dem Obergericht (seit 2013 Kantonsgericht) unterstellt, das ihre Belange in seinem Rechenschaftsbericht behandelte. Die direkte Aufsicht über Amtsstatthalterämter und Jugendanwaltschaft lag bei der Staatsanwaltschaft. In administrativer Hinsicht dagegen waren sie einem Departement der Regierung (seit 2003 dem Justiz- und Sicherheitsdepartement) unterstellt, im Staatskalender und in der Verordnung über die Gliederung der Departemente in Dienststellen wurden sie bei diesem Departement aufgeführt.

Bei allen diesen Dienststellen machte die Untersuchungstätigkeit nur einen Teil ihrer Aufgaben aus: die Staatsanwaltschaft, die bis 1957 auch von sich aus Untersuchungen durchführte, ist als oberste kantonale Strafverfolgungs- und Anklagebehörde in erster Linie für die Beaufsichtigung der Untersuchungen und für die Anklage vor Gericht zuständig; die Jugendanwaltschaft wurde erst seit 1974 für Untersuchungen gegen Jugendliche und Kinder zuständig, zuvor hatte sie vor allem den Massnahmenvollzug zu bewältigen, der ihr auch weiterhin obliegt; bei den Amtsstatthalterämtern schliesslich verloren die administrativen Aufgaben (z. B. Aufsicht über das Jagdwesen, Gewährung von Tanzbewilligungen etc.) im Laufe der Zeit gegenüber der untersuchungsrichterlichen Tätigkeit immer mehr an Gewicht.

Die «klassische» Untersuchungsbehörde bildete im Ancien Régime der Ratsrichter - seine Turmbücher (Verhörprotokolle) seit 1551 befinden sich im Historischen Archiv bei den Bänden (vgl. COD 4435-4970) . 1798 wurde die Untersuchungstätigkeit dann regionalisiert: In der Helvetik (1798-1803) war der Distriktsstatthalter, in der Mediation (1803-1814) der Amtmann und in der Restauration (1814-1830) der Oberamtmann damit beauftragt. Zur Beurteilung kleinerer Vergehen bildete dieser unter Zuzug weiterer Richter das Amtsgericht (1803-1814) bzw. das Polizeigericht (1814-1831). Den Vorsitz führte er 1814-1831 auch im Konkursgericht (kleinere Konkursstreitigkeiten). 1831 wurde dann das bis 2010 so bezeichnete Amt des Amtsstatthalters geschaffen. Zur Beilegung von Verwaltungsstreitigkeiten war ihm von 1831 bis 1841 ein Amtsrat beigegeben. 1836 wurde ein separates Verhöramt aus der kantonalen Anklagebehörde (Staatsanwaltschaft) abgezweigt. 1894 wurde das kantonale Verhöramt aus Spargründen wieder aufgehoben. Seither oblag die Voruntersuchung allein den Amtsstatthaltern, falls sie nicht durch einen ausserordentlichen Untersuchungsrichter oder durch die Staatsanwaltschaft geführt wurde. 1989 wurde eine administrativ dem Amtsstatthalteramt Luzern angeschlossene Abteilung für Wirtschaftsdelikte geschaffen, die man 1998 zum Kantonalen Untersuchungsrichteramt erweiterte. Die Aktenablage des Untersuchungsrichteramtes wurde durch das Amtsstatthalteramt Luzern besorgt.

Infolge der neuen, eidgenössischen Strafprozessordnung wurden die Amtsstatthalterämter auf Ende 2010 aufgehoben und durch die regional gegliederten Staatsanwaltschaften 1 bis 3 (mit Sitz in Kriens, Emmen und Sursee) ersetzt. Vorher war die Untersuchungstätigkeit im Gesetz über die Strafprozessordnung vom 3. 6. 1957 (Gesetzessammlung Bd. 15, 224ff.) sowie in deren Vorläufern (Gesetz über das Strafrechtsverfahren v. 7. 6. 1865) und Abänderungen (insbesondere jener vom 14. 5. 1974) geregelt.
Seit 1838 war der Amtsstatthalter Einzelrichter in kleineren Straffällen, d. h. er konnte gewisse Untersuchungsfälle mit einem Entscheid abschliessen ("abwandeln"), sofern der Beklagte diesen akzeptierte. Andernfalls ging der Fall zur Beurteilung ans erstinstanzliche Gericht (bis 1913 Bezirksgericht, danach Amtsgericht und heute Bezirksgericht). Die Beurteilung von kriminellen Fällen erfolgte, falls es zu einer Anklage kam, in erster Instanz durch das Kriminalgericht.
Die Untersuchungsakten der Amtsstatthalterämter lassen sich in drei Kategorien einteilen: Mengenmässig fallen die abgewandelten (d. h. die vom Amtsstatthalter mit Strafverfügung abgeschlossenen) Fälle am meisten ins Gewicht, gefolgt von den eingestellten ("reponierten" bzw. "fallengelassenen") Fällen und den an die Amtsgerichte bzw. an das Kriminalgericht zur Beurteilung überwiesenen Fällen.
Was den Aktenlauf betrifft, so blieben die Akten der abgewandelten und eingestellten Fälle beim Amtsstatthalteramt. Auch die von den Amtsgerichten beurteilten Fälle gelangten zusammen mit den Gerichtsakten zum Amtsstatthalteramt zurück. Dagegen blieben die an das Kriminalgericht überwiesenen Fälle dort, d. h. die entsprechenden Untersuchungsakten wurden in die Gerichtsakten integriert und danach im gemeinsamen Archiv von Kriminalgericht und Obergericht aufbewahrt.
 

Benutzung

Erforderliche Bewilligung:siehe Zugangsbestimmungen bei Akzession
Physische Benützbarkeit:Uneingeschränkt
Zugänglichkeit:Öffentlich
 

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