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X 10 Zivilprozessakten: Prozessakten 1948-1959, Schiedsgerichtsverfahren 1918-1960, Expropriationen 1945-1956, Armenrechtsgesuche 1950/1960, Betreibungs- und Konkurssachen 1940-1950, 1910-1965 (Akzession)
Angaben zur Identifikation |
Signatur: | X 10 |
Signatur-Bereich: | X 10/1 - X 10/554 |
Titel: | Zivilprozessakten: Prozessakten 1948-1959, Schiedsgerichtsverfahren 1918-1960, Expropriationen 1945-1956, Armenrechtsgesuche 1950/1960, Betreibungs- und Konkurssachen 1940-1950 |
Entstehungszeitraum: | 1910 - 1965 |
Stufe: | Akzession |
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Angaben zum Umfang |
Laufmeter: | 8,00 |
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Angaben zum Kontext |
Verz.-Einheit - Aktenbildende Stelle (Link): | Amtsgericht Luzern-Land (Kriens) |
Erwerbsart: | Ablieferung |
Eingangsdatum: | 01.03.1990 |
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Angaben zur Benutzung |
Zugangsbestimmungen: | Es gelten die allgemeinen Zugangsbestimmungen des Staatsarchivs. Einsichtsbewilligungen in Archivalien, die noch einer Schutzfrist unterliegen, erteilt das Staatsarchiv. |
Findhilfsmittel: | REP 63/1 (Gerichtsakten) (älteres Verzeichnis in das Archivsystem importiert 2010) |
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Weitere Bemerkungen |
Bemerkung: | Zur Aufbewahrung von Gerichtsakten
Das Beispiel Amtsgericht Luzern-Land Im März 1990 erhielten wir eine Ablieferung von rund 33 Laufmetern aus dem Amtsgericht Luzern-Land. Diese bestand zu je einem Drittel aus Gerichtsprotokollen (Jahre 1929-1959), aus Gerichtsakten der Zivilprozesse (1948-1959) sowie aus anderen Gerichtsakten (Präsidialprozesse, Polizeiprozesse, Befehlsverfahren, Schiedsverfahren, Enteignungen, Beschlagnahmungen, Besitzesschutzverfügungen, superprovisorische Verfügungen, vorsorgliche Beweisaufnahmen, Ehemahnverfahren, Armenrechtsgesuche, Nachlass- und Stundungsgesuche, Rechtsöffnungen und Beschwerden) und einigen Korrespondenzen.
Zur Aufbewahrung der Gerichtsprotokolle erheben sich keine Fragen. Die Protokolle erhielten eine XE-Signatur und wurden dem bereits im Staatsarchiv befindlichen Bestand angegliedert.
Bei den Gerichtsakten, welche die Ablieferungsnummer X 10 erhielten, ist die Frage der Aufbewahrung nicht so leicht und eindeutig zu beantworten. Klar scheint nur, dass eine Selektion vorgenommen werden muss, denn eine integrale Aufbewahrung kommt nicht nur wegen des Raumbedarfs, sondern auch wegen der Unübersichtlichkeit kaum in Frage.
Prinzipiell gibt es zwei Selektionsmöglichkeiten; ich möchte sie die auswählende und die dezimierende Vorgehensweise nennen. - Bei der auswählenden Selektion wird auf inhaltliche Kriterien geachtet. Ein Kriterienkatalog für die Auswahl z. B. von Zivilprozessen kann aufgestellt werden, wobei freilich auch ein detaillierter Kriterienkatalog die Willkürlichkeit der Auswahl nicht wesentlich reduzieren helfen kann. Vorteil: Die Gefahr, dass wichtige oder interessante Inhalte verloren gehen, kann vermindert werden. Nachteil: Der Zeitaufwand ist beträchtlich, Entscheidungsschwankungen sind unvermeidlich, der Umfang des Verzeichnisses nähert sich der Unübersichtlichkeit. - Bei der dezimierenden Selektion wird vom gesamten Bestand nur das Schriftgut aus einem bestimmten Zeitraum aufgenommen. Von inhaltlichen Kriterien wird abgesehen. Man erreicht damit u. U. eine spiegelbildnahe Darstellung der Aktivitäten einer bestimmten Amtsstelle. Weiterer Vorteil: Raschheit, Effizienz. Nachteil: Wichtige oder interessante Inhalte können verloren gehen.
Im Falle des Amtsgerichts Luzern-Land habe ich weder die erste noch die zweite Methode gewählt, sondern eine Mischung von beiden. Ich möchte das gewählte Vorgehen hier kurz begründen und zur Diskussion stellen.
Die Prozessakten zu den Zivilfällen machten mit rund ca. 12 Laufmetern die Hälfte der Gerichtsakten aus. Von den Präsidialprozessen unterscheiden sie sich durch den höheren Streitwert. Sie enthalten neben den Urteilen und Entscheiden des Gerichts - die auch in den Protokollbänden enthalten sind - eventuelle Urteile und Entscheide der oberen Gerichte. Man hat also den Ueberblick über einen bestimmten Fall auf seinem Weg durch alle Instanzen. Ausserdem enthalten sie die Eingaben und Antworten der Anwälte, die Aussagen von Zeugen und eventuell die Gutachten von Sachverständigen. In gewissen Fällen können diese von allgemeinem Interesse sein. Weniger wichtig ist die immer vorhandene Korrespondenz zu Organisationsfragen. |
| Zivilprozessakten können für Einzelfälle aufschlussreich sein. Ich habe deshalb hier die aufwendige auswählende Selektion vorgenommen, wobei ich bei der Aufnahme grosszügig war; es wurden nur ca. 50 % kassiert. Da stellt sich dann bereits die Frage, ob eine integrale Aufbewahrung nicht einfacher und besser wäre. Denn durch die auswählende Selektion wird der Bestand sozusagen verfälscht und für Fragestellungen statistischer Art unbrauchbar. Dagegen lässt sich sagen, dass für manche dieser Fragestellungen auf die seriellen Protokollbände zurückgegriffen werden kann. Inhaltlich können die Zivilfälle aufgeteilt werden in Vaterschafts-, Ehescheidungs- und andere Zivilprozesse. Die Akten zu den Vaterschaftsprozessen (inkl. Ehelichkeitsanfechtungen) habe ich integral aufbewahrt. Das Amtsgericht Luzern-Stadt hatte dies in bezug auf seine Akten gewünscht, da es noch gelegentlich Anfragen von Betroffenen erhalte. In Analogie dazu wird künftig wohl mit allen Vaterschaftsakten so verfahren werden. Dies rechtfertigt sich auch durch die soziologische Bedeutung dieser Akten (sie könnten Aufschluss geben zu Fragen beispielsweise über die Herkunft der Mütter wie der Väter, über die Wege der Kontakt- und Distanznahme etc.) sowie durch ihren relativ beschränkten Umfang. Auch die Akten aus den Ehescheidungsprozessen, der zweiten Kategorie familienrechtlicher Streitsachen, bieten Einblicke in soziale Mikrostrukturen. Hier ist der Umfang allerdings bedeutend grösser - jeder dritte Zivilprozess betrifft eine Scheidung. Man muss also auswählen. Ich habe mich entschlossen, nicht einfach die gesamten Scheidungsakten eines einzelnen Jahres aufzubewahren, sondern aus dem gesamten Bereich der Jahre 1948-1959 jene zu behalten, die durch umfangreiche Zeugenaussagen Einblicke in die Lebensverhältnisse geben. Bei der Auswahl war ich dabei ziemlich grosszügig: etwa zwei Drittel der Scheidungsakten fanden Aufnahme. Soweit wird man künftig kaum mehr gehen wollen. Der Aufwand bei der Triagierung, Verzeichnung und Einschachtelung, der Bedarf an Raum und die Unförmigkeit des Bestandes im Hinblick auf eine spätere historische Nutzung würden wahrscheinlich zu gross. Für eine detaillierte Schilderung der Lebensverhältnisse in der Luzerner Agglomeration der fünfziger Jahre jedoch könnte der Bestand m. E. durchaus aufschlussreich sein (vielleicht im Vergleich mit entsprechenden Akten aus dem ländlichen Bereich). Von den übrigen Zivilprozessen (zum Grossteil Forderungsprozesse) wurde höchstens ein Drittel aufbewahrt. Für eine Aufnahme entschied ich mich, wenn eines oder mehrere der folgenden Kriterien erfüllt war: - grössere Bedeutung, wegen hohem Streitwert oder grundsätzlichen Fragen; oft erkennbar an dickem Umfang (evtl. Instanzenweg bis ins Bundesgericht)- zeittypische Thematik oder aber Originalität - Prominenz der Beteiligten (Einzelpersonen, Firmen, Gemeinwesen) - Prominenz einer Lokalität (z. B. Ausflugsrestaurant, Landsitz) |
| Wie wurde mit den andern Gerichtsakten verfahren? Die Akten zu den Präsidialprozessen und zu den Polizeiprozessen wurden alle kassiert. Beide Kategorien enthalten Bagatellfälle und bestehen fast nur aus gerichtlichen Entscheiden, die in den Protokollbänden ohnehin enthalten sind. Aehnlich steht es bei den Befehlsverfahren und den Besitzesschutzverfügungen. Sie wurden ebenfalls vollständig kassiert. Die Schiedsgerichtsakten wurden, da sie umfangmässig nicht ins Gewicht fallen, integral aufbewahrt, ebenso die Expropriationen und die Sühneverhandlungen vor Ehescheidungen. Was das Betreibungs- und Konkurswesen betrifft, so wurden die Nachlassakten vollständig aufgenommen, während die Rechtsöffnungen und Beschwerden keine Aufnahme fanden. Hier hätte sich eventuell die Auswahl eines bestimmten Jahres empfohlen, doch lag der Zeitraum bei diesen beiden Kategorien zwischen1951 und 1959 und umfasste somit kein Zehnerjahr. Gleich lagen die Verhältnisse bei den Ehemahnungen. Zur Berücksichtigung des Zehnerjahres kam es hingegen bei den Armenrechtsgesuchen, bei den Ausweisungen und bei den Viehwährschaften. Hier wurde das Zehnerjahr 1950 ausgewählt. Bei den Bauhandwerkerpfandrechten fehlte dieses Jahr, hingegen war ausnahmsweise das Jahr 1960 noch mit enthalten. Dieses wurde hier ausgewählt. Von den vorsorglichen Beweisaufnahmen wurden nur ganz wenige, aussergewöhnlich umfangreiche Fälle behalten. Von der allgemeinen Korrespondenz wurde nichts kassiert, da der Umfang dies nicht nahelegte. Für eine Institutionsgeschichte des Amtsgerichts wären diese Akten nicht ganz uninteressant, da sie u. a. auch einige Hinweise auf mögliche Tonarten im Umgang des Publikums mit dem Gericht und umgekehrt geben können. (Allerdings schiebt sich die Frage in den Raum, ob das Interesse der Verwaltung für sich selber hier nicht langsam hypertroph zu werden beginnt.)
Zwei Drittel der Ablieferung X 10 wurden schliesslich kassiert. Der Gesamtumfang beträgt noch 8 Laufmeter. Davon betreffen die Zivilprozesse 6,5 Laufmeter, nämlich 1 Laufmeter die Vaterschaftsprozesse, 3,5 Laufmeter die Ehescheidungen und 2 Laufmeter die übrigen Zivilfälle. 1,5 Laufmeter entfallen auf die anderen Gerichtsakten.
Der Zeitraum der Ablieferung X 10 umfasst nur rund 12 Jahre. Dennoch erforderte die Triagierung, Verzeichnung und Einschachtelung dieses Bestandes die Arbeit von fast zwei Monaten. Dieser Aufwand wird durch die Bedeutung der Prozessakten gerechtfertigt. Trost bietet hierbei auch die Tatsache, dass die anderen Amtsgerichte (ausser Luzern-Stadt) ein beträchtlich geringeres Aktenaufkommen aufweisen.
9. Juli 1991 Max Huber |
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Benutzung |
Schutzfristende: | 31.12.2065 |
Erforderliche Bewilligung: | siehe Zugangsbestimmungen bei Akzession |
Physische Benützbarkeit: | Uneingeschränkt |
Zugänglichkeit: | Öffentlich |
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URL für diese Verz.-Einheit |
URL: | https://query-staatsarchiv.lu.ch/detail.aspx?ID=308674 |
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