XH Friedensrichterprotokolle (1814-2010), 1814-2010 (Bestand)

Archivplan-Kontext


Angaben zur Identifikation

Signatur:XH
Signatur-Bereich:XH 2/1 - XH 107/11
Titel:Friedensrichterprotokolle (1814-2010)
Entstehungszeitraum:1814 - 2010
Stufe:Bestand

Angaben zum Umfang

Laufmeter:17,20

Angaben zum Kontext

Erwerbsart:Ablieferung
Eingangsdatum:ab 01.04.1944

Angaben zu Inhalt und Struktur

Neuzugänge:Die Protokolle stammen fast ausschliesslich aus Ablieferungen der Amtsgerichte, die zu verschiedenenen Zeiten ins Staatsarchiv gelangten.
Die bisher letzten Neuzugänge erfolgten:
- 2003 (Amtsgericht Willisau und Amtsgericht Luzern-Stadt)
- 2006 (Amtsgericht Entlebuch (XH 21/22))
- 2006 (Hans Fries, Altfriedensrichter Neuenkirch (XH 66/10-20))
- 2006 (Gemeindearchiv Winikon (XH 105/1))
- 2007 (Herbert Zurbuchen, Friedensrichter Meierskappel (XH 60/2-5))
- 2009 (Beat Lustenberger, Altfriedensrichter Gelfingen-Lieli-Sulz (XH 28/1-2))
- 2009 (Paul Buchmann, Friedensrichter Inwil (XH 46/4-7))
- 2009 (Gemeindearchiv Schwarzenberg XH 89/4-5))
- 2009 (Gemeindearchiv Wolhusen (XH 106/18-20))
- 2009 (Margaretha Reichlin, Friedensrichterin Littau (XH 53/15-26))
- 2017 (Gemeindekanzlei Rickenbach (XH 71/1-6))
- 2022 (Fritz Kilchenmann, Altfriedensrichter Langnau (XH 51/4-7))
Ordnung und Klassifikation:Die Strukturierung des Bestandes wurde mehrfach umgestellt: Zuerst gemeindeweise, dann nach Friedensrichterkreisen. Deshalb sind die Signaturen teilweise nicht systematisch.

Angaben zur Benutzung

Zugangsbestimmungen:Es gelten die allgemeinen Zugangsbestimmungen des Staatsarchivs. Einsichtsbewilligungen in Archivalien, die noch einer Schutzfrist unterliegen, erteilt das Staatsarchiv.
Findhilfsmittel:REP 63/12 (Friedensrichterprotokolle)

Weitere Bemerkungen

Bemerkung:Die Institution des Friedensrichters geht auf das Jahr 1814 zurück. Damals wurden die seit 1803 bestehenden 33 Gemeindegerichte abgeschafft. Ihre Kompetenzen wurden teilweise durch die Bezirksgerichte übernommen, deren Zahl zuerst 18 betrug (ab 1842 waren es 19). Streitende Parteien mussten sich nun zuerst einem Versöhnungs- oder Vermittlungsversuch durch den Friedensrichter unterziehen. Falls keine Einigung zustande kam, stellte der Friedensrichter einen "Akzessschein" (später "Weisungsschein") aus, der der klagenden Partei den Zugang zum Bezirksgericht ermöglichte. In Bagatellfällen (Streitwert bis zu 16 Franken) urteilte der Friedensrichter unter Beizug von zwei weiteren Amtsleuten als Friedensgericht inappellabel. Die ebenfalls seit 1814 amtenden Friedensgerichte wurden 1863 wieder abgeschafft (G 14-31, Bd. 4, 123; G 67, Bd. 4, 102). Ihre Aufgaben wurden nun vom Friedensrichter allein wahrgenommen. Der Streitwert, bis zu welchem dieser urteilen konnte, stieg allmählich auf 100 Franken. Mit Inkrafttreten der neuen Zivilprozessordnung 1995 entfiel diese Spruchkompetenz (RechOG 1994/95, 9).
Nach § 9 des Organisationsgesetzes von 1814 musste "jede Pfarr-Gemeinde oder Steuer-Brief" ein Friedensgericht haben (G 14-31, Bd. 1, 76). Gemäss den besonderen Regelungen für Luzern und die Munizipalorte sollte in Sempach, Sursee und Willisau der Stadtammann das Amt des Friedensrichters ausüben, in Beromünster der Ammann, in Luzern der amtsälteste Bezirksrichter. Ein Blick in den Staatskalender zeigt jedoch, dass auch in diesen 5 Orten ein eigener Friedensrichter tätig war.
Die Anzahl der Friedensgerichte/Friedensrichterämter lag 1814 bei 86 und stieg dann allmählich auf 92. Sie blieb in der Folge erstaunlich konstant: Durch die Aufhebung der Gemeinde Schachen sank sie 1889 auf 91, und durch das Ausscheiden von Nebikon aus dem Friedensrichterkreis Altishofen-Nebikon stieg sie 1958 wieder auf 92. Verschiedene Friedenrichterkreis- und Gemeindefusionen liessen in der Folge deren Anzahl wieder abnehmen; am 1.1.2010 existierten noch 76 kantonale Friedensrichterämter. Dabei umfassten folgende Friedensrichterkreise mehrere Gemeinden: Alberswil-Gettnau-Ohmstal, Altwis-Ermensee-Hitzkirch, Buchrain-Dierikon, Egolzwil-Wauwil, Escholzmatt-Marbach, Pfaffnau-Roggliswil, Rickenbach-Pfeffikon sowie Root-Gisikon-Honau.
Durch § 36 des Organisationsgesetzes von 1814 war der Friedensrichter verpflichtet, ein Protokoll zu führen. In manchen Kreisen wurde dieses für den Friedensrichter und das Friedensgericht gemeinsam geführt, in anderen separat. Obwohl derselbe Paragraph vorschrieb, dass die Protokolle ordentlich geführt und sorgfältig aufzubewahren seien, scheint dies in der Praxis nicht unbedingt der Fall gewesen zu sein, wie der Zustand der erhaltenen Bände zeigt.
Ähnlich wie bei den Unterlagen der Betreibungsbeamten besteht auch bei den Friedensrichtersprotokollen eine Unsicherheit, ob diese ins kantonale oder ins kommunale Archiv gehören. Durch die Zivilprozessordnung ist der Friedensrichter in die kantonale Rechtsprechung eingebunden, und über seine Arbeit geben die Rechenschaftsberichte des Obergerichts Auskunft. Gemäss verschiedenen Weisungen des Obergerichts und auch laut Geschäftsordnung für die 1913 geschaffenen Amtsgerichte sollten die Protokolle der Friedensrichter an die zuständigen Gerichte abgeliefert und nötigenfalls von diesen eingefordert werden (s. Sammlung der Verordnungen und Weisungen der obern Justizbehörden des Kantons Luzern, Bd. 3, S. 193, und Bd. 4, S. 16). - In organisatorischer Hinsicht sind die Friedensrichter jedoch eher mit den Gemeinden verbunden, und da die meisten Friedensrichterkreise mit politischen Gemeinden zusammenfallen, landen gelegentlich auch die Protokolle im Gemeindearchiv. Im Stadtarchiv Sursee etwa sind die in seinem Friedensrichterkreis angefallenen Friedensrichterprotokolle von 1844-1877, 1934-1958 und die seit den 1970er angelegten Friedensrichterprotokolle archiviert (kopierte Protokollserie 2004-2010 im StALU, Originale in Sursee). Daneben ist aber anzunehmen, dass nicht wenige Protokolle verschollen oder nicht mehr existent sind, weil sie von den betreffenden Friedensrichtern weder ans Bezirksgericht resp. Amtsgericht noch an das Gemeindearchiv abgeliefert wurden.
Die meisten Friedensrichterprotokolle, welche sich im Staatsarchiv befinden, sind via die Amtsgerichte in dieses gelangt. Sie erhielten hier jedoch (mit wenigen Ausnahmen) nicht dieselbe Signatur wie die übrigen von den Amtsgerichten abgelieferten Bände, sondern sie wurden in einem eigenen Bestand archiviert. Die Signatur setzt sich zusammen aus der Bezeichnung XH plus der Nummer (von 1=Adligenswil bis 107=Zell) der erst genannten Gemeinde des jeweiligen Friedensrichterkreises und einer Laufnummer.
Zurzeit (2020) umfasst dieser Bestand rund 17 Laufmeter. Den grössten Teil machen die rund 440 Bände aus. Zu einem kleineren Teil sind allerdings auch lose Bogen (häufig Manuale, d. h. Entwürfe) und Korrespondenzen vorhanden. Die Vielfalt der verwendeten Bogen, Bücher und Einbände ist beeindruckend. Ebenso unterschiedlich ist die Ausführlichkeit der Einträge. Nur knapp ein Drittel der Bände enthält paginierte Seiten und ein Register. In zahlreichen weiteren Bänden ist zwar ebenfalls ein Registerteil vorhanden, doch wurde er nur teilweise oder überhaupt nicht ausgefüllt. Die Führung leserlicher, mit Registern erschlossener Protokolle hing nicht von der Grösse der Gemeinde ab, sondern in erster Linie von den Qualitäten des Friedensrichters. Auch die örtliche Tradition scheint eine gewisse Rolle gespielt zu haben: In manchen Gemeinden war die Qualität der Protokollführung traditionsgemäss hoch, in andern weniger.
Die Bestandesserie XH ist praktisch abgeschlossen, da keine weiteren grösseren Ablieferungen z.B. aus älteren Beständen der ehemaligen Amtsgerichte mehr zu erwarten sind. Kleinere Zulieferungen sind am ehesten noch von den Einwohnergemeinden zu erwarten; allerdings gibt es mit Sicherheit auch grössere unwiderbringliche Verluste und daher bleibende Bestandeslücken: Die Friedensrichterprotokolle der Stadt Luzern aus den Jahren 1843-1865 und von 1937-1956 beispielsweise befanden sich unter der Signatur C2 Bl.1-13 im Stadtarchiv, wurden jedoch 1990 aus Platzgründen vernichtet, da es sich um Bagatellfälle handle.

Hinweis zur Benutzung: Auf den Friedensrichter-Protokollen besteht wie bei allen gerichtlichen Unterlagen eine verlängerte Schutzfrist. Diese beträgt zurzeit 100 Jahre.

Quellen: AKT 22/68-70, 73-75, 77-78 (Staatsarchiv); Gesetzessammlung ab 1814; Staatskalender ab 1814; Rechenschaftsberichte des Obergerichts ab 1850; Gotthard EGLI, Die Entwicklung der Gerichtsverfassung in Luzern; Max HUBER, Zur Geschichte des Luzerner Obergerichts

Luzern, Juli 1997 / November 2003 M. Huber / F. Kiener / 2016 A. Heinzer / 2020 Y. Hernandez
 

Verwandte Verzeichnungseinheiten

Verwandte Verzeichnungseinheiten:siehe auch:
Amtsgericht Entlebuch (1913-2010) (Provenienz)

siehe auch:
Amtsgericht Hochdorf (1913-2010) (Provenienz)

siehe auch:
Amtsgericht Luzern-Land (1913-2010) (Provenienz)

siehe auch:
Amtsgericht Sursee (1913-2010) (Provenienz)

siehe auch:
Amtsgericht Willisau (1913-2010) (Provenienz)

siehe auch:
X 55 Friedensrichterprotokolle 1992-1994, Sammlung von Urteilen 1956-1994, 1956-1994 (Akzession)
 

Benutzung

Schutzfristende:31.12.2110
Erforderliche Bewilligung:siehe Zugangsbestimmungen bei Akzession
Physische Benützbarkeit:Uneingeschränkt
Zugänglichkeit:Öffentlich
 

URL für diese Verz.-Einheit

URL:https://query-staatsarchiv.lu.ch/detail.aspx?ID=306856
 
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