FA 102/1 Verurkundung eines Übereinkommens zwischen den Bauern oder Genossen und den Taunern zu Gettnau, ferner mit den Besitzern des Hofs Stalden wegen des Weiderechts und der Holznutzung. \ 1596 Dezember 30 \ Schultheiss und Rat der Stadt Luzern tun kund, dass vor ihnen erschienen sind die Gesan

Archivplan-Kontext


Signatur:FA 102/1
Titel:Verurkundung eines Übereinkommens zwischen den Bauern oder Genossen und den Taunern zu Gettnau, ferner mit den Besitzern des Hofs Stalden wegen des Weiderechts und der Holznutzung.
1596 Dezember 30
Schultheiss und Rat der Stadt Luzern tun kund, dass vor ihnen erschienen sind die Gesandten und Anwälte der gethrüwen lieben underthanen gemeiner puwrsame, nämlich 1) der gnoßen und 2) der tawnern zu Gettnau, auch 3) der besitzern des hoffs im Stalden an derselben nachpurschafft unnd anstössen gelegen. Die genannten Parteien gerieten in Span wegen des ufftribs ires vychs in Ire berg unnd weidungen und wegen andern Sachen. Sie riefen als Vermittler an Jost Krepsinger, Ritter, Schultheiss und Stadtfähnrich, Jost Holdermeyer, Seckelmeister, Hans von Mettenwil, Venner und Baumeister, Ludwig Schürpf, Ritter, Niklaus Ratzenhofer und Leodegar Pfyffer, alle des Rates, die auf ihre Bitten die Sache auch an einem Augenschein untersuchten. Diese legten einen Vertrag vor, der so lautet:
Die Genossen von Gettnau sollen in ihrem alten Recht verbleiben, jedoch mit folgender Erläuterung:
[1] Es wurden ihre Stiere gezählt und deren 72 gefunden. Es wurde den Bauern und Genossen genau angegeben, an welchen Orten sie ihr Auftriebs- und Weiderecht haben sollen, nämlich mit den Stieren im Reinsberg und im Löberg, die beide aneinanderstossen. Sodann zwei kleine Zelglein, die man anbaut, und was zwischen der Luthern und dem Berg liegt. Der Grund, wieso man ihnen die Zelglein zuwies, ist der, dass die Gettnauer noch einen andern Berg haben, wo die Alberswiler Weiderecht [trätteti] zu ihnen haben, doch wurde mittlerweile mit den Alberswilern ein Tausch vorgenommen, und sie könnten sich der Sache entledigen, indem sie den Berg zu einer Kalberweid machen. Wenn das ausgeführt wird, so soll dort jeder, sie seien Bauern, Genossen oder Tauner, das gleiche Recht haben, mit Kälbern dahin zu fahren, doch nicht mehr, als einer zu überwintern vermag. Was die Weide der Stiere anbetrifft, die den Bauern oder Genossen wie gesagt zusteht, dorthin haben die Tauner nicht zu fahren. Die Bauern sollen aber die Weiden für die Stiere selber einzäunen und selber Fried schaffen. Damit die Tauner von der Weidung ihres Viehs nicht ausgeschlossen werden, sondern neben den Bauern oder Genossen zu hausen und zu bestehen vermögen, so hat man ihnen und den Bauern oder Genossen miteinander gezeigt noch zwei weitere Berge, der eine Hintereggberg genannt, der andere Mühlenbachberg, die aneinanderstossen. Dort sollen die Bauern samt den Taunern ihren Weidgang und Auftrieb gemeinsam besitzen mit ihren Kühen und dem Gustvieh. Das sind neben den beiden genannten Bergen auch die drei gemeinen zeugen, die, wenn sie ausgehen, auch zu den Bergen dienen und gehören sollen. Es soll keiner mehr auftreiben, als er selber zu überwintern vermag. Es soll auch keiner dahinein kaufen bei der unten vermerkten Busse und wenn einer seine Stiere auf der Weide, die ihm angegeben ist, nicht zu erhalten vermag, so soll der bevollmächtigt sein, mit Ihnen auf die Allmend zu fahren, doch dürfen solche Stiere nicht mehr als zwei Jahre alt sein.
[2] Was die Neubrüche anbetrifft, so mag ein Bauer oder Genosse jährlich zwei Jucharten aufpflügen und zwei Jahre innehaben und nutzen. Wenn dann die Garben daraus kommen, soll es wiederum Allmend sein wie zuvor. Einem Tauner, der nichts zu pflügen oder zu bebauen hat, dem soll man jährlich auf der Allmend eine Jucharte zeigen, die er aufpflügen kann. Diesen soll er dann auch zwei raub [Ernten] lang innehaben. Doch geschehe es nur dort, wo es ihm gezeigt wird und nicht jedem
nach seinem Gefallen, wie es auch das alte Twingrodel vorschreibt. Dazu wird erläutert, dass die Tauner nicht übervorteilt werden sollen. Und wenn ein Bauer oder Genosse das auch begehrt, so soll ihm nicht abgeschlagen werden, auf der Allmend zwei Jucharten aufzupflügen, doch so, dass die Tauner nicht geschmälert werden und die Tauner stets bei dieser Pünten oder Jucharte bevorzugt sein sollen.
[3] Wenn einer rodet, soll das Holz, das er für die Einzäunung haut, ihm gehören. Das übrige Holz aber soll der ganzen Gemeinde heimfallen und jeder soll Gewalt haben, dort zu holzen.
[ 4] Wegen der Behausung der Tauner wird angeordnet, wenn einer ein eigenes Haus hat und einem andern leiht, der soll nicht mehr als ein Recht haben in Holz und Feld, wie es von Alter her gebräuchlich war. Insbesondere soll keiner einen Fremden einsetzen. Wenn einer sein Haus und Heim verkauft, so soll er es verlassen oder der, des es kaufte, soll draussen bleiben und nicht einsitzen.
[5] Es soll kein Bauer oder Tauner Holz aus dem Twing hinaus verkaufen oder verschenken ohne Einwilligung einer ganzen Gemeinde.
[6] Was das achram [Eichelmast] betrifft, soll man keine Eicheln schütteln. Wer Schweine hat, darf das achram nicht auflesen. Das dürfen nur die, die keine Schweine haben, was heisst, dass das nur das achram, das der Allgemeinheit gehört, betrifft, dagegen ist jedem das Seine in dem Seinen vorbehalten. Jeder soll sich mit dem begnügen, was ihm gezeigt und gegönnt wird. Was an achram aufgelesen wird, davon soll niemand etwas aus dem Twing hinaus verkaufen. Für das alles gilt die Busse von drei Pfund Haller, die einer hohen Obrigkeit zusteht.
[7] Zum letzten was den Hof im Stalden anbetrifft, so ist beschlossen, dass ihm das Weiderecht, das ihm früher gezeigt wurde, weiterhin zustehen soll. Gibt es achram aufzulesen, sollen die Hofbesitzer und die Gettnauer gemeinsam festlegen, da es der Allgemeinheit gehört, doch sollen die Schweine beringt sein, damit niemand in dem Seinen Schaden erwachse. Wenn die Kirschen geraten, sollen sie auch wie von Alter her der Allgemeinheit gehören, dem Reichen wie dem Armen, dem Armen wie dem Reichen. Sodann soll das Haus auf dem Knubel entfernt werden und die Weide dem Hof Stalden gehören. Hingegen die Eicheln, die dort wachsen, sollen, wenn sie geraten, wie von Alter her der Allgemeinheit gehören. Hiermit sollen auch die fünf Gulden Zins, die der Hof bisher jährlich wegen seines Standortes der Gemeinde Zinsen musste, aufgehoben sein, weil der Platz wieder der Allgemeinheit gehört. Der Besitzer des Staldens kann die zwyeten beüm [gezweite, gepfropfte Bäume] entfernen. Es soll jeder Hofbesitzer im Stalden Bannwart sein über dem Wald der Gemeinde im Willberg*. Dort soll er bei seinen Treuen niemand schädlich holzen lassen, auch keinen Fremden, und wo er jemand findet, der ungebührlich und schädlich holzt, dem soll er das Holz wegnehmen und auch dem Landvogt anzeigen, um ihn zu büssen. Und soll so sein Bestes und Wägstes tun, wie es einem getreuen Bannwart gebührt, aber immer auf Gefallen und Bestätigung oder Widerruf der hohen Obrigkeit. Es sollen auch die Besitzer dieses Hofs im Stalden die Strassen, so weit seine lachen [Grenzzeichen, Grenzbäume, Grenzkerben] gehen, in Ehren halten, desgleichen die Türlein und den Friedzaun unterhalten ohne Schaden für die Gemeinde.
Unsere Amtsleute und Miträte haben das Vorbringen und den Vertrag geprüft und nichts Unbilliges gefunden. Insbesondere sind die Parteien damit zufrieden. Deshalb haben wir den Vertrag zu guten Kräften erkannt und bestätigt. Wir tun das aus obrigkeitlicher
Gewalt in Kraft dieses Briefs. Besiegelt mit unserem Sekretsiegel. Uff montag vor dem fest der beschnydung Christi 1596
*
[Unter de Plica ist von gleicher Hand nachgetragen:] Die Märchen des Willbergwalds sind: Er fängt an bei dem Weihergraben oben an der Weisstanne, von da an die Eiche auf dem Knubel, von da an die Kropfeiche daselbst, von da an die Eiche oberhalb des Ruessgrabens und zuletzt dem Ruessgraben nach an die Ruessgrabenmatt. Was oberhalb dem Willbergwald in diesen Märchen liegt und zum Willbergwald gehört, soll ein jeweiliger Bannwart schützen und niemanden roden, schwenden [durch Abbrennen urbar machen] oder schädlich holzen lassen. Was aber unterhalb und ausserhalb den beschriebenen Marchen liegt, mag ein Besitzer des Hofs im Stalden wohl roden und schwenden, denn dasselbe gehört nicht zum Wilibergwald.
[Nachtrag auf der Plica, geschrieben in der Luzerner Kanzlei:] Obwohl der Hof im Stalden vormals das Recht hatte, acht Stiere in den Berg der Gettnauer zu treiben, so ist dieses in der allgemeinen Vergleichung wieder aufgehoben worden. Das hat Jochim Stöcklin, der Besitzer dieses Hofs, bekannt in Gegenwart Peter Stirnimanns, Vierer und Geschworener, für die Genossen, und Bastian Stouffers, für die Tauner. Diese haben das bezeugt, am 24. Juli 1606. statischryber zß Lucern subscripsi.
Original. Pergament.
Sekretsiegel der Stadt Luzern fehlt. Der dazugehörige Pergamentstreifen ist vorhanden mit der Bezeichnung: Statischryber zß Lucern subscripsi.
Rückvermerk des Schreibers der Urkunde: Bestättigung Vertrags zwischen den gnossen unnd tawnern zu Gettnow in der graffschafft Willisow, auch den Besitzern des hooffs im Stallden an derselben nachpurschafft glegen, ihres ufftribs unnd anderer Sachen halb. Geben anno 1596.
17. Jahrhundert: Am zwing dem statsch[riber zu Willisau] Heinrich Ludwig von Hertenstein 4 mos zlessen. [Entschädigung für das Lesen an der Zwingbesatzung].
19. Jahrhundert: No. 5.
Abschrift: Zwinglibell 1697, S. 49-59.
Entstehungszeitraum:1596
Konkordanz:AB 5
Archivalienart:Mikrofilm
Stufe:Archiveinheit
 

Benutzung

Schutzfristende:31.12.1626
Erforderliche Bewilligung:siehe Zugangsbestimmungen bei Akzession
Physische Benützbarkeit:Uneingeschränkt
Zugänglichkeit:Öffentlich
 

URL für diese Verz.-Einheit

URL:https://query-staatsarchiv.lu.ch/detail.aspx?ID=1524295
 
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