Tierschutz Luzern (Provenienz)

Archivplan-Kontext


Identifikationsbereich

Titel:Tierschutz Luzern
Stufe:Provenienz

Informationsbereich

Existenzzeitraum:ab 1866
Rechtsform:Verein
Tätigkeitsbereich:Aus den Statuten: Der Verein bezweckt die Förderung der vernünftigen Behandlung und artgerechten Haltung der Tiere und deren Schutz vor Quälereien durch:
- Aufklärung der Bevölkerung
- Orientierung üer Probleme der Tierhaltung
- Unterstützung der Tierfürsorge
- Zusammenarbeit mit Behörden und Institutionen
- Betrieb eines eigenen Tierheims
Verwaltungsgeschichte / Biogr. Angaben:Die Anregung zur Gründung eines Tierschutzvereins geht auf die Gemeinnützige Gesellschaft der Stadt Luzern zurück. Auf deren Einladung hin referierte der Präsident des Schweizerischen Tierschutzvereins, Pfarrer Wolf aus Weiningen ZH, am 15.Januar 1865 zum Thema Tierschutz. Sein Anliegen, die Tiere besser zu schützen, fiel auf fruchtbaren Boden. Eine Kommission wurde beauftragt, die Gründung eines Tierschutzvereins im Kanton Luzern vorzubereiten. Sie berief die "erste allgemeine Versammlung" auf den 29. April 1866 nach Sursee ein. Inzwischen war auf Anordnung von Heinrich Meyer, Direktor der von Moos'schen Eisenwerke in der Emmenweid, Gemeinde Littau, bereits ein Tierschutzverein gegründet worden, welcher bereit war, sich als Zweigverein dem zu gründenden kantonalen Tierschutzverein anzuschliessen (Prot.1865). In Sursee wurden der vorgelegte Statutenentwurf genehmigt und der Vorstand gewählt. Stadtrat Friedrich Berchtold wurde zum ersten Präsidenten ernannt.
Einige ältere Dokumente nennen 1865, das Jahr der Beschlussfassung, als Gründungsjahr, was nicht korrekt ist. Die eigentliche Gründung erfolgte erst mit der Konstituierung des Vereins 1866 in Sursee.
Lange Zeit stand der Schutz der Wildtiere und der Nutztiere im Vordergrund, dem damaligen Bedürfnis entsprechend. Neben den Pferden leisteten vor allem die Zughunde Schwerarbeit und wurden geschunden. Mit einer Auszeichnung der Dienstboten - Melker, Karrer, Landarbeiter und andere - welche die Tiere besonders gut behandelten, sollten die Tiere vor Quälerei geschützt werden. Die tierfreundlichen Dienstboten erhielten ein Diplom und eine Silbermedaille und wurden im Jahresbericht des Vereins ehrenvoll namentlich aufgeführt. Diese Auszeichnung wurde von Baronin Mary Esperance von Schwartz, gen. Elpis Melena, 1895 mit ihrer zweckgebundenen Spende ins Leben gerufen. Drei Jahre später hielt der Verein die Richtlinien für die Prämierung von Dienstboten in einem Regulativ fest (Jahresber.1898, S.13-14). In den 1940-er und 1950-er Jahren wurden generell Tierfreunde, die sich besonders um das Wohl der Tiere verdient gemacht hatten, mit einem Diplom ausgezeichnet. In der Jahresrechnung 1969 sind die Ausgaben für die Auszeichnungen letztmals aufgeführt.
Nebst der direkten Hilfeleistung für die Tiere war der Verein seit Beginn präventiv tätig. 1869 erliess die Stadt Luzern eine Polizeiverordnung mit tierschützerischem Inhalt, und der Kanton setzte 1873 eine "Verordnung gegen Tierquälerei" in Kraft, wobei wohl auch der "hochkarätige" Vorstand seinen Einfluss geltend machte.
Zum Aufgabenbereich des Tierschutzvereins gehörte bis in die 1980-er Jahre vor allem die Aufklärungsarbeit in Schule und Öffentlichkeit. Ein grosser Vorteil war, dass mehrheitlich Lehrer im Vorstand Einsitz hatten, welche den Schülern auf direktem Weg den Tierschutz näher bringen und das Verständnis dafür wecken konnten, um sie von dummen Streichen mit Tieren oder gar Quälereien abzuhalten. Um diese Aufgabe wahr-nehmen zu können, organisierte der Tierschutzverein verschiedene Kurse, vor allem zu Tierschutz und Landwirtschaft, zu Pferdepflege und Vogelschutz. Kursteilnehmer waren vor allem die Schüler der landwirtschaftlichen Fortbildungsschule, Primär- und Sekundarschüler, aber auch die Lehrer und die Polizisten, welche das Fachwissen weiterzugeben hatten. Zudem wurden für alle Interessierten Referate von namhaften Persönlichkeiten zu aktuellen Tierschutz-Themen angeboten.
An der Jahresversammlung am 5.5.2018 wurde der Name von "Tierschutzverein des Kantons Luzern" auf "Tierschutz Luzern" geändert. Damit soll der Unabhängigkeit vom Kanton klarer Rechnung getragen werden.
Bemerkung:Um die Jugendlichen zu motivieren, wurden und werden von der Dachorganisation, dem Schweizer Tierschutz STS, Jugendtierschutz-Lager mit Tierbeobachtungen organisiert, welche sich grosser Beliebtheit erfreuen.
Seit den 1980-er Jahren stellten sich immer weniger Lehrkräfte dem Vereinsvorstand zur Verfügung, mittlerweile ist keine Lehrkraft mehr dabei. Da diese veränderte Situation schweizweit zutrifft, bietet seither der Schweizer Tierschutz STS Tierschutz-Aufklärung in den Schulen an.
Seit Bestehen des Vereins war der Kampf gegen die Tierquälerei eine weitere wichtige Aufgabe. Bis in die 1970-er Jahre betraf sie hauptsächlich die Nutztiere auf dem Land. Die Nutztierhaltung wurde vom Polizeiposten der jeweiligen Gemeinde kontrolliert. Die fehlbaren Tierhalter wurden angezeigt und mit einer Busse bestraft. Die archivierten Polizeirapporte zeugen davon. Dank Polizeifunktionären, die im Vorstand mitwirkten, hatte der Tierschutzverein auch direkten Kontakt zu den Abklärungen zur Tierquälerei. Erst um die Mitte des 20. Jahrhunderts wurde der Schritt zu einer umfassenden Tierschutz-Ethik getan, die das Tier schützt, weil es als Mitgeschöpf einen Wert in sich selbst darstellt. Es ist aufschlussreich, zu sehen, wie sich das soziale Umfeld, die Wirtschaft und der Sinneswandel der neuen Generation auf die Tierhaltung ausgewirkt haben. Der Tierschutzgedanke blieb zwar immer derselbe, aber die Art der Aufgaben änderte sich im Laufe der Zeit. Während sich die Tierquälerei früher fast nur auf die Nutztiere bezog, wurden nun die Tierschützer immer häufiger mit Problemen der Heimtierhaltung konfrontiert. Die argen Tierquälereien bei den Nutztieren nahmen ab, neue Verordnungen verhalfen den Tieren zu einem besseren Leben.
Der Tierschutzverein kümmerte sich nun auch um die artgerechte Haltung von Katzen, Hunden, Vögeln und Nagern, die vorwiegend in Wohnungen von Stadt und Agglomeration gehalten wurden. In jüngster Zeit wurde ein weiterer Schritt zur Verbesserung des Tierwohls getan. Seit Anfang April 2003 ist das Tier keine Sache mehr. Mit der Gesetzesänderung wurden die Tiere vom reinen Objektstatus befreit, womit ihrer Eigenart als empfindungs- und leidensfähige Lebewesen Rechnung getragen wird.
Der Tierschutzverein unterhielt - und unterhält - eine Meldestelle für Tierquälereien. Dadurch konnte den kantonalen Polizei- und Veterinärorganen viel Arbeit abgenommen werden. Die Abklärungen von Meldungen betreffend die Tierquälerei wurden seit Ende der 1970-er Jahre von Mitgliedern des Vorstandes vorgenommen und nur in schwerwiegenden Fällen direkt der Polizei zur Anzeige weitergeleitet. Ansonsten wurden Fälle zur Weiterverfolgung der Abteilung Tierschutz des kantonalen Veterinäramtes weitergeleitet Mehr als die Hälfte aller Fälle konnte vom zuständigen Vorstandsmitglied erledigt werden.
Ab 2007 wurden die Abklärungen Tierquälerei während ca. 2 Jahren vom Personal des inzwischen erbauten eigenen Tierheims an der Ron vorgenommen, wo sich auch die Meldestelle befand. Seither übermittelt der Tierheimleiter alle schriftlichen Meldungen dem Veterinäramt.
Die Idee eines eigenen Tierheimes flammte im Vorstand immer wieder auf, und es wurden auch einige Areale auf dem Land in Erwägung gezogen, doch wurde nichts daraus. Ab Mitte der 1980-er Jahre konkretisierte sich die Möglichkeit, in Root ein Stück Land im Baurecht zu erwerben. Nach zähen Verhandlungen mit Gemeinde und Nachbarn stand dem Projekt nichts mehr im Wege. Das Tierheim an der Ron konnte Anfang Januar 1996 dank grosszügiger finanzieller Unterstützung der Margaret und Francis Fleitmann-Stiftung dem Betrieb übergeben werden. Mit dem Bau eines eigenen Tierheims erfüllte sich der Verein einen langjährigen Wunsch. Findel- und Verzichtstiere finden hier Aufnahme und Betreuung und werden nach Möglichkeit weiter vermittelt. Um das Defizit dieses unrentablen professionell geführten Betriebes zu mindern, sind zudem Plätze für Ferientiere eingerichtet worden. Das Tierheim beherbergt auch die Meldestelle für Tierquälerei. Für den Vorstand rückte nun der Betrieb des eigenen Tierheims in den Vordergrund.
(B. Lang)
 

Benutzung

Erforderliche Bewilligung:Keine
Physische Benützbarkeit:Uneingeschränkt
Zugänglichkeit:Öffentlich
 

URL für diese Verz.-Einheit

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